Electronic Data Interchange

Elektronischer Datenaustausch, englisch Electronic Data Interchange (EDI), bezeichnet als Sammelbegriff alle elektronischen Verfahren zum asynchronen, vollautomatischen Versand von strukturierten Nachrichten zwischen Anwendungssystemen unterschiedlicher Institutionen.

 

Merkmale


Asynchron
Bei asynchronen Verfahren des Datenaustausches erfolgt die Übertragung in voneinander getrennten Schritten. Die Daten werden unterwegs mehrere Male zwischengespeichert, es wird keine direkte inhaltliche Antwort erwartet und übertragen. Man nennt diese Verfahren auch Store-And-Forward. Typisches Beispiel für ein asynchrones Verfahren ist die Übertragung von E-Mail. Häufig wird E-Mail als Transportmittel für EDI benutzt.
 
Synchron
Im Gegensatz dazu stehen synchrone Datenaustauschverfahren, bei denen auf eine Anfrage hin noch in der laufenden Verbindung beziehungsweise Session vom Gegenüber eine betriebswirtschaftlich-inhaltliche Antwort erfolgt. Ein Beispiel dafür ist die Abfrage eines Lagerbestandes zu einem Artikel. Die gewünschte Information wird dabei dem Pull-Prinzip folgend eingeholt. Die synchrone, automatische und strukturierte Kommunikation zwischen Anwendungssystemen ist eine Einsatzmöglichkeit für Web-Services.
 
Vollautomatisch
Wesentlicher Grundgedanke von EDI ist die vollständig automatisch ablaufende Kommunikation. Das sendende Anwendungssystem initiiert die Übertragung und bis zur Verbuchung beziehungsweise Vorerfassung im Empfängersystem erfolgt kein menschlicher Eingriff, kein menschlicher Arbeitsschritt.
 
Versand
Bei EDI-Verfahren erfolgt die Kommunikation immer in einer Richtung: Der Sender sendet Nachrichten an einen Empfänger. In vielen Anwendungen von EDI sendet später der ursprüngliche Empfänger seinerseits eine Nachricht zurück, aber dies ist ein anderer Prozess, der zeitlich getrennt abläuft und wiederum ein reiner Sendevorgang ist. Anders ausgedrückt erfolgt die Kommunikation bei EDI nach dem Push-Prinzip.
Strukturierte Nachrichten
Eine (elektronische) Nachricht ist eine abgeschlossene Datenmenge, die aus dem Nutzinhalt und Metainformation besteht. Der Nutzinhalt sind genau die Daten, die vom Empfängersystem verbucht werden. Die Metainformation gibt vor allem die Information über die Verarbeitung, speziell über das Routen an den Empfänger vor. Beispiel für Nachrichten sind E-Mails. Im Gegensatz zu E-Mails, die sich Personen senden, werden für EDI strukturierte Nachrichten verwendet, das heißt, diese Nachrichten genügen den Vorschriften beziehungsweise der Syntax einer festen Struktur. Eine solche Struktur besteht aus Elementen, die zu Segmenten zusammengesetzt sind. Die Elemente der Struktur sind mit ihren Eigenschaften wie Länge, Position im Segment, Typ numerisch/alphanumerisch, muss/kann Auftreten, eventuell Feldtrennzeichen und Maskierungszeichen vorgegeben. Ebenso gibt die Struktur vor, welche Segmente in welcher Reihenfolge wie oft auftreten dürfen oder müssen. Durch die Struktur und die damit vorgegebene Syntax wird gewährleistet, dass im Empfängersystem jedes Datum, jedes Element an die richtige Stelle gebucht werden kann.
 
Anwendungssystem
Mit Anwendungssystem ist hier eine Anlage aus Hard- und Software gemeint, welche eine betriebswirtschaftliche Verbuchung der empfangenen Daten ausführt. Beispiele: Enterprise Resource Planning (ERP)-Systeme, Bankenbuchungssysteme, Produktionsplanungs- und -steuerungssysteme (PPS), Lagerverwaltungssysteme, Verkaufs- oder Einkaufssysteme oder viele andere mehr. Insbesondere ist der Empfänger der Nachricht keine Person, denn eine EDI-Nachricht wird im Normalfall von keinem Menschen angesehen. Erst die vom Anwendungssystem verbuchten oder zumindest vorerfassten Daten werden durch das Anwendungssystem einem menschlichen Anwender aufbereitet präsentiert.
 
Unterschiedliche Institutionen
Datenaustausch innerhalb einer Institution, welcher ansonsten obiger Definition entspricht, fällt unter den Begriff Enterprise Application Integration (EAI). EDI bedeutet dagegen immer die Beteiligung mindestens zweier verschiedener Institutionen. Es besteht eine große Ähnlichkeit der für EDI und EAI eingesetzten Werkzeuge, deswegen werden viele Werkzeuge gleichzeitig für beide Zwecke hergestellt und eingesetzt. Unterschiede zwischen EDI und EAI bestehen jedoch in organisatorischer Hinsicht dadurch, dass nicht ein einziges Management über alle betroffenen Systeme herrscht, sondern Rücksichten auf den jeweiligen Partner und seine individuelle Situation genommen werden müssen. Zwischen den EDI-Partnern muss ein Vertrag geschlossen werden, der die Verbindlichkeit der ausgetauschten Daten und weitere Aspekte der elektronischen Kommunikation verbindlich festlegt. Auch müssen im Falle EDI eher größere Schwierigkeiten, bedingt durch die im Durchschnitt eher heterogene Infrastrukturen, Bedarf zusätzlicher Verschlüsselung, größere Entfernungen und/oder unterschiedliche Kompetenz und Motivation der beteiligten Personen, überwunden werden. Häufig wird die Zahl der erforderlichen Ansprechpartner durch die Einbeziehung von EDI-Service-Anbietern oder anderen IT-Dienstleistern noch größer. Institutionen, die EDI nutzen, sind vor allem größere Unternehmen, aber zunehmend auch kleine und mittlere Unternehmen sowie Behörden und andere Organisationen, wie Krankenkassen, Verbände und Vereine; nicht aber Privatleute.
 

Implikation


Die obige Definition ist unabhängig von der Anwendung, der Branche oder Nationalität der Beteiligten, den eingesetzten Produkten, Strukturen oder Protokollen. Folglich ist es insbesondere kein Ausschlusskriterium für EDI, wenn das Internet oder XML-Strukturen für die konkrete Umsetzung verwendet werden, obwohl diese Meinung gelegentlich anzutreffen ist. Ursache für diese Auffassung sind Werbemaßnahmen für internetbasierte Datenaustauschprodukte, in denen suggeriert wurde, das angeblich teure EDI werde nun mit dem einfachen, billigen Internet und insbesondere mit XML abgelöst. Dieser Gedanke ist aber falsch, weil die Herausforderungen (siehe unten) an EDI-Implementierungen immer die gleichen sind und in der Natur der Sache liegen, nicht in den verwendeten Werkzeugen oder Standards. Beispielsweise ist die semantische Klärung eines Begriffes wie „Lieferbedingung“ zwischen Kunde und Lieferant immer gleich aufwändig, unabhängig davon, ob nun eine XML-Nachricht oder eine EDIFACT-Nachricht verwendet wird.

 

Protokolle


Für EDI ist erforderlich, die Nutzdaten vom Sender über eventuelle Zwischenstellen zum Empfänger zu transportieren. Dazu gibt es eine Vielzahl von Übertragungsprotokollen, von denen hier einige besonders gebräuchliche aufgezählt werden:

„Klassische EDI-Übertragungsprotokolle“

Außerdem sind natürlich die „Internetprotokolle“ gebräuchlich, vor allem:

  • SMTP Internet E-Mail
  • HTTP Hypertext Transport Protokoll
  • FTP File Transfer Protokoll

Auf den Internet-Protokollen basierend gibt es Kommunikationsstandards, die neben dem reinen Datentransport zusätzliche Eigenschaften, wie Verschlüsselungen, Authentifizierung und Komprimierung beinhalten. Beispiele dafür sind:

  • AS1 Internet EDIINT Protokoll (Applicability Statement 1) (SMTP)
  • AS2 Internet EDIINT Protokoll (Applicability Statement 2) (HTTP)
  • AS3 Internet EDIINT Protokoll (Applicability Statement 3) (FTP)
  • EBICS Electronic Banking Internet Communication Standard (HTTP)

Bei den klassischen Protokollen wird meist auf eine Verschlüsselung verzichtet, weil entweder eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung genutzt wird oder dem Netzwerk vertraut wird. Bei Nutzung des Internets wird dagegen meist eine Verschlüsselung eingesetzt. Die EDIINT Protokolle können dabei sowohl die Leitung, als auch die Datei verschlüsseln. Eine Komprimierung ist ebenfalls mit den EDIINT Protokollen möglich. Darüber hinaus gibt es eine unbekannte Anzahl nationaler, produkt- oder branchenspezifischer Protokolle oder Kommunikationsstandards, etwa im Rahmen von Marktplätzen und VANs.

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